Der größte Mittelfeldspieler der letzten zehn Jahre verabschiedete sich von seinem Publikum bei Real Madrid, und angesichts der emotionalen Wucht, die das Geschehen ausstrahlte, kam es einem so vor, als verabschiedete er sich vom Fußball an sich. Doch Zinédine Zidane hat noch etwas zu erledigen. Bevor er sich endgültig von der großen Bühne zurückzieht, soll er Frankreich zum zweiten Titel nach 1998 führen. Oder zumindest zu einem Ergebnis, das die desaströsen Auftritte bei der letzten WM und EM vergessen lässt, als die Équipe Tricolore früh die Segel strich. Die große Frage ist, ob Zidane dazu noch in der Lage sein wird. Dass die Qualität seines Spiels für den Erfolg der Franzosen essentiell ist, wurde schon allein durch die Qualifikation belegt. Erst als der nach der Europameisterschaft 2004 zurückgetretene „Zizou“ wieder da war, gewann das Team des umstrittenen Trainers Domenech an Struktur und konnte mit Ach und Krach das Ticket nach Deutschland lösen. Gleichwohl bleibt Frankreich eine Mannschaft, die orientierungslos zwischen Neuaufbau und Veteranentum pendelt, und die am Tropf eines Spielmachers hängt, dessen Körper kaum noch mitmacht. Der in seiner Karriere alles erreicht hat. Und der gefühlsmäßig dem Fußball bereits „Adieu“ gesagt hat.
Wenig spricht also dafür, dass Zidane diesem Turnier noch seinen Stempel aufdrücken kann und nicht eine „lame duck“ sein wird, wie man in der Politik Leute nennt, die es eigentlich hinter sich haben – außer, dass er das Spiel liebt, und dass der Abpfiff der letzten französischen Partie einen „point of no return“ markiert, den er möglichst lange hinauszögern will. Es ist ja nicht so, dass nicht auch schon betagte Spieler bei Weltmeisterschaften für Furore gesorgt hätten: Fritz Walter war 1954 knapp 34 Jahre alt, Kameruns Roger Milla bei der WM 1990 bereits 38 – aber das waren auch andere Zeiten. Sollte sich Zidane tatsächlich zu einem letzten Hurra aufschwingen, dann braucht man nicht mehr darüber diskutieren, ob er auf eine Stufe mit Pelé oder Maradona gehört. Dann steht er darüber.
Aus der aktuellen 11 FREUNDE-Ausgabe 55
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